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v.li.: Max Brustmann (DJK Rimpar Wölfe) enttäuscht schauend, Enttäuschung, disappointed, Freisteller, Einzelbild, Aktion, 15.09.2019, Würzburg, Liqui Moli 2. Handball-Bundesliga, DJK Rimpar Wölfe - TSV Bayer Dormagen, DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS AS IMAGE SEQUENCES AND/OR QUASI-VIDEO.

Eine Legende tritt ab

Die Karriere von Max Brustmann

Abschiede sind nie einfach. Besonders nicht, wenn Jahrzehnte des Vereins von einer Persönlichkeit geprägt wurden, wie es bei Max Brustmann der Fall ist. Sein Karriereende hat sich „the Wall“ redlich verdient, obwohl die Art und Weise des Abgangs viel Wehmut hinterlässt – und doch wollen wir auf eine unfassbare Karriere blicken und „DANKE“ sagen.

Auf dem Parkett war Max Brustmann ein brodelnder Vulkan, der jederzeit ausbrechen konnte – Foto: Frank Scheuring/Foto2Press

Wir verneigen uns vor einem der Größten seiner Zunft, einem Original, einer Legende. Mit 37 Jahren sagt Max Brustmann „Servus“ zum harzigen Leder und macht nach 494 Spielen für die Wölfe Schluss mit einer einzigartigen Karriere (hier geht´s zur Pressemitteilung über sein Karriereende). Kaum jemand prägte den Aufstieg der Wölfe derartig mit, wie der heißblütige Schlussmann, der weder die Konfrontation mit dem Gegner, dem Wortgefecht mit den eigenen Vorderleuten, noch teils hitzige Debatten mit den Unparteiischen scheute. Seine lautstarken Ausbrüche vor der eigenen Bank werden ebenso wenig in Vergessenheit geraten, wie die gefühlt unzähligen Paraden – tatsächlich waren es 2.916 in der 2. Handball-Bundesliga, wo er seit 2013 mit dem Wolfsrudel für Furore sorgt – mit welchen er die gegnerischen Angriffsbemühungen teilweise mit Zauberhand und -fuß zu zerstören wusste. Ganz so häufig erzielte er selbst natürlich keine Treffer, in einer langen Karrieren kamen dennoch in Summe 30 Torerfolge für die Nummer 22 zusammen. Trotz seiner überragenden Paradenquote von 38,63% musste sich sogar Brustmann insgesamt 4.444 mal geschlagen geben.

Das Märchen von der ball-fressenden Bestie

Wie wir „the Wall“ kennen und lieben gelernt haben, hat er sich über jedes einzelne dieser Gegentore so herrlich-maßlos geärgert, dass wir seine Wutausbrüche zukünftig schmerzlich vermissen werden. Im unermüdlichen Verlangen danach, das eigene Gehäuse zu vernageln, steckt vermutlich auch das Erfolgsrezept des Mannes, der im alltäglichen Leben als Lehrer unterrichtet. Auf der Platte, für diese 60 Minuten, mutierte der Familienvater zu einem anderen Menschen, wenn man so will, zu einer ball-fressenden Bestie, die auf Teufel komm raus keine Gegentreffer kassieren wollte.

Der Lohn dafür war die individuelle Auszeichnung zum Torhüter des Jahres der Saison 2014/15 in der 2. Handball-Bundesliga. Schon davor und vor allem auch danach, bis einschließlich dieser jäh beendeten Saison, glänzte Max mit Topwerten im Ligavergleich. Ein Beispiel: Innerhalb seiner sieben Spielzeiten in der 2. Handball-Bundesliga entschärfte er 257 7-Meter-Versuche und kommt damit auf eine Quote von 30,1% gehaltener Bälle – Topwert!

Abgesehen von seinem Intermezzo in der Rhön, beim HSC Bad Neustadt, war Brustmann als Ur-Rimparer alle Jugendteams der DJK seit den „Minis“ durchlaufen und ab dem Jahr 2000 dann eben fester Bestandteil sowie der Fels in der Brandung von der 1. Herrenmannschaft. Entsprechend hat „the Wall“ auch den langen Weg aus der Landesliga bis in eine der stärksten Handball-Ligen der Welt mitgeprägt, wenn man möchte auch erst realisierbar gemacht. Zeimal kürte sich das Team um Brustmann zum Meister der Bayernliga (2008/09 und 2010/11), mit der Meisterschaft in der 3. Liga Ost 2012/13 feierte der Lehrer seinen sportlich wohl größten Erfolg. Die Siege im BHV Supercup 2009, 2011 und 2012 sowie der Bayerische Pokalsieg 2012 runden eine im wahrsten Sinne wahnsinnige Karriere ab.

Nicht immer mit Happy End

Furchtlos und ohne Rücksicht auf Verluste: Das ist Max Brustmann in Aktion, seine Paraden werden zukünftig den Wölfen fehlen – Foto: Frank Scheuring/Foto2Press

Bei all den Erfolgen blieben Brustmann dennoch zwei Dinge verwehrt: An der Pforte zur 1. Bundesliga konnte am letzten Spieltag der Saison 2016/17 in Lübeck auch einer der Besten seiner Zunft nicht die Auswärtsniederlage verhindern, womit auf der Zielgeraden der Aufstieg in die stärkste Liga der Welt verpasst wurde, jener Liga, wo Brustmann auf seine Leistungen bezogen eigentlich hingehört. Getrost darf man sagen, dass der 37-Jährige das Zeug für die Beletage gehabt hätte. Umso dankbarer ist man im Wolfsrevier für seine Verdienste und dass er nie dem Ruf von größeren Klubs erlegen ist – denn das Wolfsrevier, war immer sein zu Hause und wird es auch bleiben.

Aus ganz anderen Gründen dramatisch ist nun der Abgang einer wahrgewordenen Legende von der Handball-Bühne. (Zum Text über die Abschiede durch die Hintertür geht´s hier) Zu seinem letzten Heimspiel wäre – und besser hätte es der Spielplan nicht für Brustmann vorsehen können – noch ein letztes Mal der große Rivale vom HSC Coburg zu Gast gewesen. Noch ein letztes Mal hätte Max vor Ehrgeiz gekocht, damit dem HSC das Leben zur Hölle gemacht, alles reingeworfen, um sich dann vor knapp 3.000 Zuschauern in der s.Oliver Arena zu verabschieden.

Ein letztes Mal wären Sprechchöre zu seinem Namen über die Tribünen gefegt und die Menge wäre in Rage geraten vor Stolz über einen Mann, der immer die Fans mit seiner Rage anstecken konnte. Auf Armen hätte man die Torwart-Legende vermutlich aus der Halle getragen, mit dem Gemisch aus tosendem Beifall und Tränen des Abschieds „lebewohl“ gesagt.Es wäre ein weiterer, unvergesslich schöner Abend im Wolfsrevier geworden… doch all das bleibt im Konjunktiv.

Der leise Abschied

Auch wenn dieses Szenario nicht mehr eintreten wird, in den Herzen aller Handballfans hat sich Max Brustmann einen Platz erspielt, oder besser, erkämpft. Er hat die Wölfe zu dem gemacht, was sie heute sind. Es bleibt nur „DANKE“ zu sagen, an „the Wall“, einer Torwartlegende, die immer lautstark das Parkett dominierte, aber jetzt ganz still und leise durch die Hintertür abtreten musste.

 

Christian Graber – 19.06.2020