Willkommen zum Derby!
DJK Rimpar Wölfe vs. HSC 2000 Coburg
(at) Wenn es Duelle im Handballsport gibt, die Gemüter zu erhitzen zu vermögen, dann sind es meist jene, die von ganz besonderen atmosphärischen Stimmungen geprägt sind, weil die ganz eigene Dramaturgie der Auseinandersetzung alle Beteiligten auf seltsame Weise mitzureißen vermag. So war es immer bei Spielen zwischen den Wölfen aus Unterfranken und den Coburgern aus Oberfranken, und so wird es auch weiterhin sein. Der Charakter dieser Auseinandersetzungen ist dabei nicht bestimmt von Feindschaft oder Abneigung, im Gegenteil, es ist genau diese Mischung aus Vertrautheit und Rivalität, die eine Würze für derartige Derbys liefert, die man anderweitig nicht geboten bekommt. Deshalb gab es nicht wenige, die sich, wenn auch mit leicht sarkastischem Zug, nach dem Nichtaufstieg der Wölfe in das Oberhaus des deutschen Handballs und dem Abstieg der Coburger aus demselbigen wenigstens auf die Duelle dieser beiden ewigen Kontrahenten in der zweiten Liga freuten. Denn wer erinnert sich nicht an jene begeisternden acht Auseinandersetzungen in dritter und zweiter Liga, die drei Unentschieden und fünf Siege der einen Mannschaften sahen, wobei nie die Oberfranken den Platz als Bessere verlassen durften? Wer denkt dabei nicht an das Ereignis in der HUK-Coburg-Arena, als dort das Publikum des Gastgebers vor dem Spiel eine denkwürdige, äußerst aufwändige Choreografie für das eigene Team zelebrierte und nach dem Spiel die Gäste mit ihren mitgereisten 200 Fans ausgelassen einen 21:28-Erfolg feiern durften? Oder wer kann schon jene beiden spannungsgeladenen 22:22-Remis in der Aufstiegssaison der Oberfranken aus dem Gedächtnis verbannen, als beide Austragungsorte zu Hexenkesseln mutierten? All das wird man kaum vergessen haben, auch wenn man vielleicht nicht mehr weiß, dass Sebastian Kraus mit immerhin 23 Toren in vier Spielen der erfolgreichste Werfer der Wölfe gegen die Coburger in der zweiten Liga war.
Doch einiges hat sich verändert. Waren die bisherigen Auseinandersetzungen immer von einer Rivalität auf Augenhöhe bestimmt, trifft man sich nun unter etwas anderen Vorzeichen. Die Coburger sind zwar nach ihrem Aufstieg ins Oberhaus gleich wieder abgestiegen, aber sie haben Gelegenheit gehabt, Erfahrungen in der stärksten Liga der Welt zu sammeln, etwas, das den Wölfen bislang weitgehend verwehrt wurde. Sie haben Spieler, die ihre Erstligabewährung liefern konnten, seien es nun die beiden Rückraumshooter Stefan Lex und der 23fache österreichische Nationalspieler Romas Kirveliavicius, die zusammen auf 170 Erstligatore in der letzten Saison kamen, vor allen Dingen aber der brandgefährliche Rechtsaußen Florian Billek, der allein 160 Treffer markieren konnte. Und sie haben mit Oliver Krechel einen Keeper, der bewiesen hat, dass er zu den besten Torhütern Deutschlands gehört.
Natürlich erwartet man von einer Mannschaft mit einem solchen Erfahrungshintergrund ein deutlich anderes Auftreten, eine Bürde zweifellos, die auch sicher schwer lastet. Aber die Coburger haben bereits beweisen können, dass sie die in sie gesetzten Erwartungen, beim Wiederaufstieg eine Rolle zu spielen, gerecht werden können, auch wenn sie die eine oder andere vielleicht so nicht erwartete Niederlage hinnehmen mussten. Nimmt man nur den 13:27-Kantersieg bei den Rhein Vikings, bei einem Team, das den Wölfen immerhin ein Unentschieden in der sOliver-Arena abringen konnte, oder den klaren Erfolg in Saarlouis, wird deutlich, wozu die Mannschaft von Trainer Jan Gorr fähig ist. Trotzdem geht Wölfe-Trainer Matthias Obinger davon aus, dass dieses Spiel keinen klaren Favoriten haben dürfte, wenngleich er aufgrund des Erfahrungshintergrunds der Coburger Vorteile bei diesen vermutet. Ohnehin werden solche Zuweisungen bei einem Derby von nur nachgearteter Bedeutung sein, denn bekanntlich gehorchen solche Auseinandersetzungen anderen Gesetzen. Für das Publikum in der sOliver-Arena jedenfalls ist alles für einen großen Handballabend angerichtet. Willkommen beim Derby!
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